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Für den Eisenbahnfreund ist dies natürlich keine Frage, den Außenstehenden interessiert dieses Thema mehr oder weniger, aber er wird diese Frage genau so sicher beantworten können wie etwa: "Was ist ein Fußballspieler?" oder "Was ist ein Fernsehzuschauer?". Natürlich könnte man die Frage nach dem Eisenbahnfreund streng wissenschaftlich präzis exakt formulieren, damit aber würde man den Leser dieser Homepage gähnend langweilen.


Rein äußerlich (ohne Ausrüstung) ist er kaum vom normalen Menschen (homo sapiens) zu unterscheiden, wenn man einmal vom charakteristischen "T3-Blick" absieht. Trifft man ihn jedoch in Ausübung seines Hobbys an (und das ist er nahezu immer) dann ist er leicht am Aussehen zu erkennen:

Er trägt gewöhnlich folgende Utensilien mit sich herum:

1. Ein bis drei Fotoapparate, Camcorder bzw. Digitalkameras oder ähnliches und jede Menge Objektive und Linsen.

2. Ca. 5 bis 10 Speicherkarten oder USB-Sticks (man weiß ja schließlich nie, was so alles kommen kann!)

3. Ein Tasche mit Reinigungsgeräten für Fotoapparate, Augen, Nase usw.

4. Ca. 20 bis 60 abgefahrene Fahrscheine (erkennbar an der ausgebeulten Jackentasche).

5. Ein DB-Lokführerrucksack mit Verpflegung, Getränken usw. (man muss notfalls auch eine Verspätung überleben können).

6. Einen aktuellen Fahrplan sowie diverse Buchfahrpläne, "EM", "EK", Lokreport und ähnlich sachdienlich hinweisende Literatur. Der moderne Eisenbahnfreund hat natürlich ein Handy für den aktuellen Fahrplan und die spezielle Fahrplan-App.

7. Verschiedene Kleinteile wie zwei Fläschchen Rum (für ambulant zu behandelnde Notfälle), Sicherheitsnadeln, Pflaster für Blasen an den Füßen, Papiertaschentücher, einen total plattgefahrenen Cent oder noch Pfennig (garantiert von 01 150 oder 38 1772), Streichhölzer, Tabak, Pfeife (für frostige Wintertage) usw., vervollständigen die Ausrüstung.

Die Kleidung des Eisenbahnfreundes wirkt schlicht, aber ergreifend. Leicht ausgelatschte Schottertreter, Windjacke und Jeans mit diversen Brandlöchern und Andenken an Dornenhecken und überstiegene Weidezäune.


Geboren werden Eisenbahnfreunde eigentlich wie ganz normale Menschen. Auch die ersten zwei bis drei Lebensjahre verlaufen noch nicht ungewöhnlich. Dann tritt irgendwann ein Schlüsselerlebnis ein. Es kann sein, dass der junge Eisenbahnfreund, an der Hand seiner Mutter an einer Bahnschranke stehend, einen Zug vorüberfahren sieht. Die arme Frau ahnt bis zu diesem Augenblick noch nichts von ihrem bevorstehenden Schicksal. Irgendwann geben die Eltern dann doch dem Drängen des Kindes nach und kaufen ihm eine Spielzeug-Eisenbahn. Damit ist dann die letzte Chance vertan, sein Leben noch in normale Bahnen zu lenken. Sind Geschwister vorhanden, können auch diese nicht mehr helfen.

Aus der ersten Spielzeug-Eisenbahn wird eine größere Menge an Gleisen und Fahrzeugen. Von jetzt an muss sich der junge Eisenbahnfreund im harten und erbarmungslosen Kampf gegen eine gnadenlose Umwelt behaupten. Völlig unverständlichen Regeln muss er sich unterwerfen (man darf z.B. keine Tunnel in die Schrankwand sägen, die Lokomotiven auf dem hellbeigen Teppich abölen oder der Katze über den Schwanz fahren. Auch die Freude an Spirituslokomotiven mit Echtdampf ist unbegreiflicherweise völlig einseitig.


Nach äußerst massiven Drohungen seitens der Eltern, muss der in der ganzen Wohnung verstreute Eisenbahnkrempel (man kann beim besten Willen nirgends mehr vernünftig gehen) auf einer Anlage zusammengefasst werden. Nachdem nun räumlich keine Ausbreitungsmöglichkeit mehr besteht (außer man baut noch eine Brücke über die Überführung der Strecke, die über die beiden Tunneletagen verläuft), werden die Aktivitäten auf den Kauf von Fahrzeugen verlegt. Doch auch hier sind schwerste Kämpfe mit der Modellbahnindustrie nicht zu vermeiden. Da hätte die Baureihe 74 nachgewiesenermaßen 168 Nieten pro Wasserkasten, und das Modell hat sage und schreibe 13 Stück zu wenig davon. Solche Mängel müssen natürlich vermieden werden. Nachlässigkeiten im Modellangebot müssen mit großen Opfern ausgeglichen werden. (Was ist eine Anlage ohne solch wichtige und markante Fahrzeuge, wie z.B. die BR 79, E 04, V 36 Vorserie und ähnliches?) Bei manchen Eisenbahnfreunden schlägt auch die Liebe zum Vorbild durch. Hier sind die zu überstehenden Strapazen und Gefahren am gravierendsten. Angefangen von Mitreisenden, die schon nach 100 km über das offene Abteilfenster schimpfen, obwohl die Außentemperatur immerhin plus drei Grad beträgt (man muss ja schließlich jederzeit fotografieren können), bis zu irgendwelchen umsichtigen Bundespolizisten, die einem den Rundgang durchs Ausbesserungswerk vermiesen wollen. Trotz dieser und ähnlicher Widrigkeiten seitens Menschen und Natur (bei 20 Grad minus dampft es nun mal am besten) findet man immer mehr Eisenbahnfreunde.

Sie sitzen im Keller an ihren Anlagen, fahren durch die Schweizer Berge, liegen an Bahndämmen auf der Lauer, stinken und rattern mit Gartenbahnen durch Erholungsgebiete, verschrecken harmlose Eingeborene in Afrika, wenn sie mit Geländewagen hinter einer Garatt-Lok herrasen oder nerven ohnehin gestresste Eisenbahnbedienstete. Sie tun sich sogar bisweilen zu Vereinen zusammen.




 
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